Home Office im Selbstversuch
Das Corona Virus stellt alles Bekannte komplett auf den Kopf. Home Office war bisher für viele Unternehmer ein Tabu, weil unter anderem der Zusammenhalt des Teams gestört werden könnte. Weiters gibt es massive Bedenken im Bereich Datenschutz.
Während manche Mitarbeiter zur Arbeit müssen, dürfen (oder müssen) viele Mitarbeiter von zu Hause aus weiterarbeiten. Unternehmer sehen Home Office in dieser Ausnahmesituation notgedrungen als neue Möglichkeit. Wenn nicht jetzt, wann dann? Diese Art der Arbeit ist nicht in allen Bereichen möglich. In bestimmten Bereichen kann es aber ein vollständiger Ersatz oder zumindest eine gute Möglichkeit der Überbrückung/Ergänzung sein.
Zudem gibt es einige Firmen, die nur durch Home Office eine Garantie für die Fortführung ihrer Dienstleistung geben können. Stelle dir einen EDV-Dienstleister vor, dessen gesamte Belegschaft auf Grund eines Corona Vorfalls in der Firma in Quarantäne müsste.
Los geht's im Selbstversuch
Tag 1
In Italien geht es seit einem Monat Schlag auf Schlag mit neuen Verordnungen. Das Gewohnheitstier Mensch tut sich schwer mit dieser raschen Folge an Veränderungen. Ich habe es zwar geahnt, trotzdem kommt es etwas überraschend. Ab jetzt heißt es #ichbleibezuHause! Morgens noch wie üblich mit dem Rad zur Arbeit, nach dem Mittagessen wird nur mehr von zu Hause aus gearbeitet. Also wird alles Mögliche eingepackt, damit ich zu Hause mein Büro einrichten kann. Aus diesem Grund ist nach dem Mittagessen meine erste Aufgabe den Laptop und Bildschirme zu Hause anzuschließen. Dabei kamen mir schon die ersten Fragen und Zweifel.
- Wo stelle ich am besten meinen Arbeitstisch hin? Der Küchentisch soll ja frei bleiben, um mein Privatleben nicht zu stören.
- Ich werde Videokonferenzen haben. Was sieht man im Hintergrund?
- Ist der Tisch groß genug und in der richtigen Höhe?
- Wie ist die Beleuchtung?
Bürostuhl und eine gute Internetverbindung sind bei mir zum Glück vorhanden.
Tag 2
Es ist verlockend vom Bett aus im Pyjama am Laptop zu arbeiten. Sinnvoll und produktiv ist etwas anderes. Also rein in die Büro-tauglichen Klamotten und dann? Tja, ich habe mich bereits von den ersten Ablenkungen zu Hause verleiten lassen: Die Wäsche musste noch unbedingt am Morgen gemacht werden. Ein Blick auf die Uhr und ich habe es trotzdem um 7.30 Uhr geschafft mit der Arbeit zu beginnen. Der Weg zur Arbeit war schlussendlich mit wenigen Schritten erledigt. Im Laufe des Vormittags bemerke ich dann, dass meine Konzentration zu wünschen übriglässt. Der Blick auf meine Stempeluhr bestätigt, so viele (unbezahlte!) Pausen mache ich sonst nie. Am Abend telefoniere ich mit einer Arbeitskollegin, ihr erging es ähnlich.
Zwischenfazit: An meiner Konzentration muss ich nächste Woche wirklich arbeiten!
Tag 3
Über das Wochenende habe ich mich mit „Tipps für das Home Office“ eingedeckt. Artikel zu diesem Thema sprießen zurzeit wie die Pilze aus dem Boden. Also halte ich mich an feste Arbeitszeiten. Es ist so auch einfacher für die Arbeitskollegen mich zu erreichen. Dank moderner Technik kann ich meine Mitarbeiter sehen und wir können unsere Bildschirme miteinander teilen. Es ist fast so, als wären sie bei mir zuhause. Den Tipp mit der Kleidung habe ich ja schon von Anfang an beherzigt. Ich Naturtalent! (Scherz beiseite!). Heute mache ich keine unnötigen Pausen mehr. Die Kaffeepause ist aber zugegebenermaßen entspannter. Anstatt mir schnell einen Kaffee zu machen, ziehe ich mir die Jacke an und lasse den Hund vor der Tür an den Bäumen und Sträuchern schnüffeln. Die frische Luft tut auch mir gut und macht meinen Kopf 10 Mal freier als ein Espresso!
...Ein paar Monate später gibt es keinen Lockdown mehr. Cafés und Restaurants sind geöffnet. Aus diesem Grund empfehle ich die Pause in einer Bar zu verbringen. Der Grund? Du kommst unter Leute und du bist gezwungen etwas "Ordentliches" anzuziehen. Ich nehme mal an, du gehst nicht im Pijama bekleidet in die Bar, oder doch?
Außerdem hat die Kleidung auch einen anderen Effekt auf dich. Indem du dir die Arbeitskleidung überziehst, stellst du dich automatisch auf "Arbeitsmodus" um. Dies hilft dir dann auch zwischen Arbeit und Freizeit zu trennen, obwohl sich beides in den selben Räumen abspielt.
Tag 4
Auch bei uns sollen Urlaubstage abgebaut werden. Aus diesem Grund war heute eigentlich ein Urlaubstag angesagt. Dringende Anfragen werden trotzdem erledigt. Restlicher Tag wird ganz nach #ichbleibezuhause gelebt. Ich trage Urlaub ein und putze bei frühlingshaftem Wetter die Terrasse.
Tag 5
Der Tag spielt sich ähnlich ab wie gestern. Das Wetter verführt einem aber auch sich draußen aufzuhalten. Ablenkung Nummer 2! Ich war wahrscheinlich noch nie so froh über eine Terrasse zu verfügen und genieße wieder ein paar Sonnenstrahlen.
Auch wenn Regenwetter dich dazu verführen sollte nur mehr im Haus zu bleiben, entscheide dich trotzdem nach draußen zu gehen. Es wird sogar empfohlen, trotz Home Office täglich ein Ritual zu pflegen: Jacke und Schuhe anziehen und raus mit dir! Mach eine Runde um die Häuser, als wäre es dein Arbeitsweg.
Tag 6
Im Gegensatz zu den zwei vorherigen Tagen schalte ich heute meinen PC früh morgens ein. Heute habe ich einen Termin vereinbart. Ob persönliches Meeting oder Videokonferenz: Pünktlichkeit ist in jedem Fall wichtig. Wie wichtig eine gut funktionierende Internetverbindung ist, merke ich während der Videokonferenz. Mit der Zeit müssen wir das Video abschalten und nur mehr mit Audio weiter machen. Die Internetverbindung meiner Arbeitspartnerin hält nicht mehr. Wir können unsere offenen Punkte zum Glück noch zu Ende besprechen.
Heute fühle ich mich bei meiner Arbeit nicht anders als im Büro. Der einzige Unterschied ist: Heute erinnert mich unser Hund an die Kaffeepause.
Fazit von #icharbeitezuhause
Meine bisherige Erfahrung ist sicherlich nicht mit „normalen“ Umständen zu vergleichen. Nächste Woche geht es weiter und ich bin mir sicher, dass mit jedem Tag Home Office die Arbeit zu Hause mehr und mehr zur Normalität wird.
Es benötigt Vertrauen vom Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer auch wirklich seine Arbeit macht. Der Arbeitnehmer darf das Vertrauen wiederum nicht missbrauchen. Zu Hause gibt es sehr viele Ablenkungen. Gut, die gibt es im Büro auch, nur eben andere. Jemand, der lieber quatscht oder sich sonst irgendwie die Zeit totschlägt, der wird zu Hause nicht plötzlich zum Arbeitstier. Jemand, der ein bestimmtes Verantwortungsgefühl gegenüber seinem Arbeitgeber und Team verspürt, wird auch zu Hause sein Bestes geben. Nach einer Eingewöhnungszeit wird mit ziemlicher Sicherheit die Arbeit zu Hause genauso wie im Büro erledigt werden. Liefert der Arbeitnehmer keine Ergebnisse, wird kein Chef langfristig zufrieden sein, egal ob die Person nun im Home Office oder im Büro sitzt.
Bekannte, welche bereits länger im Home Office arbeiten, haben mir einen weiteren Punkt bestätigt. Im Büro wird man eher nach Anwesenheit, also Zeit, bezahlt. Im Home Office verspürt der Mitarbeiter den Druck am Ende des Tages Ergebnisse zu liefern. Ansonsten heißt es dann doch: „Was machst du den ganzen Tag über?“
Hier noch 10 Tipps für bessere Ergebnisse im Home Office:
1. In so einer Ausnahmesituation tut es auch mal irgendein Tisch und vielleicht nicht der passende Stuhl dazu. Würde man langfristig auf Home Office umstellen ist es unbedingt notwendig sich die passende Einrichtung anzuschaffen. Dein Rücken wird es dir danken! Normalerweise schreitet hier das Gesetz ein, dass in Bezug auf die Arbeitssicherheit das Büro zu Hause auch den Richtlinien entspricht. Diese wurden auf Grund der jetzigen Situation gelockert.
2. Auch in einer Übergangssituation sollte ein ausreichender Internetzugang und Stromzufuhr vorhanden sein.
3. Idealerweise sollte das Heimbüro ein eigener Raum oder zumindest ein eigener Bereich sein. Vor allem wenn auch andere Menschen sich zu Hause aufhalten sollten, ist es wichtig, dass man manchmal die Tür schließen kann. Ein separater Raum hilft dir dich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn alle weiteren Störfaktoren aus deinem Blickwinkel verschwinden (Stichwort: Wäsche!).
4. Auch das persönliche Umfeld zu Hause muss etwas lernen: Nur weil du zu Hause bist, hast du nicht frei.
5. Die richtige Beleuchtung im Raum ist wichtig! Das Tageslicht sollte so gut wie möglich genutzt werden. Trotzdem sollte man auch auf trübe und bewölkte Tage vorbereitet sein, um Fehlbeanspruchungen und gesundheitliche Beschwerden zu reduzieren.
6. Nutze die Technik! Egal welche Software dafür benutzt wird, für das Teamgefühl ist eine Videokonferenz besser als eine E-Mail oder herkömmliches Telefonat. Außerdem können Missverständnisse durch schriftliche Mitteilungen so vermieden werden.
Bei Videokonferenzen in kleinen Gruppen sollte übrigens keinesfalls auf Webcams verzichtet werden. Studien haben gezeigt, dass es durch den Wegfall des visuellen Sinnes zu mehr Missverständnissen kommt, bzw. das Gesagte des Gegenüber sehr viel schlechter verstanden wird.
7. Kurze Fragen telefonisch klären. So bleibt der Kontakt mit den Mitarbeitern und Chef auch persönlicher!
8. Die biologische Uhr jedes Menschen tickt anders, trotzdem sollte man sich an regelmäßige Arbeitszeiten halten. Deine Mitarbeiter sehen dich nicht, haben sie aber Fragen, wissen sie, wann sie dich erreichen können. Ein geregelter Tagesablauf schützt zudem besser vor Ablenkungen.
9. Plötzlich ruft der Chef zur Videokonferenz an und du sitzt mit deinem zerknitterten Pyjama vor dem PC? Es muss nicht unbedingt Anzug und Krawatte sein. Deine Kleidung sollte jedoch deinem Arbeitsbereich entsprechen.
10. Du machst im Büro täglich deine Kaffeepause? Mache diese auch zu Hause. 10 Minuten an die frische Luft und dein Kopf ist gleich viel freier!
Also: #stayathome und bleib gesund!
Jahresrückblick 2020: Scherzhaft fragte ich im Februar, wie lange wir das Thema Covid-19 in den Medien hören werden. Ehrlicherweise glaubte ich an ein paar Monaten... Bald ein Jahr später scheint es nicht so, als würde das Thema bald Geschichte sein. Der kleine Virus ist immer noch sehr aktuell. Viele Mitarbeiter sind seit dem Frühjahr im Home Office. Manche Unternehmen haben sich zum Thema Arbeitssicherheit im Home Office informiert, und Regelungen gefunden. Auch wenn das Unternehmen die Mitarbeiter*innen zu Hause arbeiten lässt, sollten keine körperlichen Schäden folgen. Aus diesem Grund ist es auch im Eigeninteresse der Mitarbeiter*innen durch geeignete Ausstattung die Gesundheit zu schützen.
aktualisiert am 26.09.2020