• Martina

    Brain Drain vs. Brain Gain

    Brain Drain vs. Brain Gain

    Am 13. Juni 2019 veranstaltete die WIFO – Wirtschaftsforschung die Veranstaltung Brain-Drain – Brain-Gain – Hoch qualifizierte Mitarbeiter sind gesucht!

    Die 4 wichtigsten Gründe für den Wegzug

    Nach den Begrüßungsworten des Handelskammerpräsidenten Michael Ebner startete Urban Perkmann, Direktor Amt für Studien Wifo, die Vortragsreihe mit den Ergebnissen der Studie „Brain-Drain – Brain-Gain: Wie attraktiv ist Südtirols Arbeitsmarkt?“ Die Südtiroler Arbeitnehmer sind mit dem Ansehen des Unternehmens, dem gesellschaftlichen Stand als Arbeitnehmer sowie mit den Weiterbildungsmöglichkeiten in Südtirol soweit zufrieden. Sicher, es gibt Luft nach oben, aber Südtirol wird nie Arbeitnehmer locken können, welche Städte wie New York, London oder Berlin suchen. Es gibt aber auch drei Punkte, welche nicht besonders gut abschneiden: der Führungsstil des Vorgesetzten, das Einkommen und der Mangel an Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Für die Personalsuche nutzen 71% der Arbeitgeber persönliche Kontakte, umso wichtiger ist hier ein gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern! Stichwort: Arbeitgebermarke! Was machen Unternehmen, um für Fachkräfte attraktiver zu werden? Ganz weit oben stehen flexible Arbeitszeiten, leistungsabhängige Entlohnung, sowie Weiterbildung über die gesetzliche Pflicht. Interessant wäre zu wissen, in wie weit sind die Arbeitszeiten flexibel, wie transparent wird die leistungsabhängige Entlohnung angeboten, wie sieht diese Weiterbildung genau aus? Karriereplanung, Sprachkurse und Home-Office gehören zu den Dienstleistungen, welche noch sehr selten angeboten werden.

    Ein Prozess der Veränderung

    Dorotea Mader hielt den Vortrag: „Der Arbeitgeber wird zur Marke. Nice-to-have oder Überlebensstrategie?“. Fast jedes Unternehmen zeigt auf ihrer Webseite mit Stolz und viel Aufwand ihre Produkte und Dienstleistungen. Die Karriereseiten werden hingegen eher stiefmütterlich behandelt. Bevor du jetzt eine 1A-Kampagne starten möchtest, um neue Talente für dein Unternehmen zu gewinnen, denke bitte an eins: Es genügt nicht, dass die Marketingabteilung eine wundervolle Kampagne startet, ohne das Personalbüro mit ins Boot zu holen. Selbst das wäre zu wenig! Die Unternehmenskultur, welche die Marke ausmacht, wird von allen Mitarbeitern gelebt. Aus diesem Grund sollte jeder Mitarbeiter vom Betroffenen zum Beteiligten gemacht werden. Das ist ein Prozess der Veränderung, welcher auch Zeit und Wille beansprucht. Bei Beratungen erlebt Frau Mader selbst, dass Mitarbeiter sehr interessiert mitarbeiten, wenn sie auch gefragt werden. Und wieder: die beste Mitarbeiterbefragung nützt nichts, wenn diese unbearbeitet in irgendeiner Schublade landet und sich wieder nichts ändert. Kurzum: Strategie mit allen Mitarbeitern des Unternehmens erstellen, keine Luftschlösser bauen, ernsthafte Angebote bieten, und sich immer wieder selbst kontrollieren. Die eigenen Vorbildfunktion sollte als Führungskraft immer wieder kritisch hinsichtlich der eigenen Kohärenz hinterfragt werden. Dann bleiben die Talente auch gerne in deinem Betrieb!

    InnoValley

    Attraktivität Arbeitsmarkt Südtirol - InnoValley EisacktalMichael Reifer stellt das Projekt innoValley – Eisacktal – Tal der Tüftler vor (abgeleitet von Silicon Valley). Ein Pool aus mehreren Arbeitgebern setzt sich zusammen, um den Ort Brixen und das Eisacktal attraktiv für den Arbeitnehmer zu machen. Nicht nur für den Arbeitnehmer, welcher um die Ecke wohnt. Auch für Südtiroler, welche ins Ausland gegangen sind, sowie für ausländische Fachkräfte. Nach einigen Workshops und langen Arbeitsnächten wurde ein Konzept erstellt, welches die Stärken und Kompetenzen der Region darstellt. Welche Ziele verfolgt innoValley mit diesem Projekt und welche Sektoren sind im Eisacktal vorhanden? Viele Arbeitgeber sehen keine Herausforderung mit der Internationalität des eigenen Unternehmens. Viel mehr sehen sie eine Aufforderung an die Politik, Gesellschaft und an sich selbst: die aktive Bildungspolitik (Förderung der technischen Berufsbildung am Standort) und die Kommunikation nach außen zu verbessern, sowie die Unterstützung von Fach- & Führungskräften bei Umzug, Einleben in Südtirol usw. zu unterstützen.

    Die Region Stuttgart

    Zu guter Letzt: Anna Spechtenhauser. Eine, dieser jungen Südtirolerinnen, welche im Ausland ihren Wunschberuf nachgehen. Sie arbeitet für das Europabüro Region Stuttgart in Brüssel als stellvertretende Leiterin. Wir erfahren, was die Region alles unternimmt, um Fachkräfte nach Stuttgart zu locken. Wer denkt, die Region Stuttgart besteht hauptsächlich aus der großen Stadt mit den bekannten Riesen, liegt falsch. Neben Bosch, Mercedes & Co sind über 90% Klein- und Mittelunternehmen, welche u.a. hochqualifizierte Fachkräfte benötigen. Oder wusstest du, dass die Spezialeffekte in der weltweitbekannten Serie „Game of Thrones“ hauptsächlich von einem Unternehmen in der Region Stuttgart gemacht wurden? Diese Hidden Champions sind in ihrem Bereich hochqualifiziert aber für viele Arbeitnehmer unbekannt. Das Ergebnis einer Unternehmens-Umfrage zeigt deutlich: das große Konjunkturrisiko ist der Fachkräftemangel, weit vor den Arbeitskosten und Politikfragen wie den Brexit. Viele Ideen, welche Frau Spechtenhauser mit ihren Kollegen umsetzt, wären 1:1 in Südtirol umsetzbar, wahrscheinlich aber nicht alles.

    Nach den Vorträgen gab es die Möglichkeit Fragen zu stellen. Die erste wurde bereits erwartet: was müsste ein Arbeitgeber Anna Spechtenhauser anbieten, damit sie wieder nach Südtirol zurückkehrt? Die beruflichen Gründe, welche sie dazu bewegt  haben, ihre Heimat zu verlassen, findet sie hier in Südtirol so nicht vor. Bei den weiteren Fragen stellt sich heraus, dass dieses Problem weitere Südtiroler im Ausland betrifft. Sie würden gerne zurückkehren, aber die Rahmenbedingungen passen nicht. Dabei ist nicht einmal das Gehalt das Problem Nummer 1. Umso länger die sogenannten Heimatfernen im Ausland verweilen, desto schwieriger wird es eine Rückkehr ins Auge zu fassen. Irgendwann kommen Lebenspartner und Kinder dazu. Ich kann mir vorstellen, dass ein Umzug mit Familie schwieriger ist – umso mehr, wenn sprachliche Schwierigkeiten hinzukommen. Außerdem wird der Wunsch geäußert, dass Projekte wie innoValley südtirolweit organisiert werden, damit nicht jedes Tal ihr eigenes Süppchen kocht.
    Im Anschluss an die sehr informativen Vorträge gab es die Möglichkeit sich bei Speis und Trank mit anderen Teilnehmern auszutauschen. Super, dass ich dabei sein durfte!

    Quellen: (v.o.n.u.): Martina Gufler, Vortrag WIFO - Udo Perkmann, Dorotea Mader, Michael Reifer, Anna Spechtenhauser;